DAS WARS - Teil I - Eine neue Hoffnung

Vorwort: Da ich Buenos Aires relativ schnell wieder verlassen wollte, habe ich mich moeglichst schnell bemueht, weiter in den Norden zu kommen - in die billigen, warmen Laender. Rausgekommen ist eine Busreise von Buenos Aires nach Lima, Peru. Angesetzt sind 72 Stunden, also 3 volle Tage...




Stunde 0:

Kein schlechter Tag, Buenos Aires zu verlassen. Es regnet, ziemlich heftig sogar. Der Bus ist quasi puenktlich, 14.15 gehts los, statt wie angegeben 14 Uhr. Fuer die 46 Passagiere sind etwa nochmal so viele Verabschieder angerueckt, mit doppelt so vielen Haenden, die alle unserem Bus hinterherwinken. Dankeschoen.

Stunde 1:

Die Sitze sind recht bequem, breit und weich, Beinfreihiet ist ausreichend vorhanden, 2 qm fuer drei Tage bleiben aber leider 2 qm. Gestern hatte ich mich noch gefreut, den Gangplatz in der letzten Reihe bekommen zu haben. Heute muss ich feststellen, dass die Chemietoilette direkt hinter mir ist. Das heisst, jeder stiefelt staendig hier vorbei und mueffeln tuts auch.





Stunde 2:
Das Onboard Entertainment System gibt erstmals den Geist auf. Tom Hanks ist gerade mit dem Flugzeug abgestuerzt. Den Grossteil muessen wir jetzt wohl nochmal ansehen, da sich der zustaendige Mann nur mit einem Neustart des Film "Cast Away" zu helfen weiss.

Stunde 19:
Die erste Nacht ist vorbei und so uebel wars gar nicht. Es ist jetzt neun Uhr morgens und ich habe nicht den blassesten Schimmer, wo wir sind. Die Landschaft sieht immer noch gleich aus: Flache Grasfelder so weit das Auge reicht, am Horizont kann man aber schon die ersten Berge sehen. Oder eher eine Stufe. Dort drueben erhebt sich einfach eine Landmasse, Gipfel und Taeler gibt es nicht. - Naja, so gut sehe ich auch nicht raus, wiel die Fenster immer beschlafen sind. Die Lueftung scheint nicht zu funktionieren.


Stunde 21:

Mein Hauptproblem scheint erst mal geloest zu sein: Es gab was zu Essen! Ich hatte 30 Stunden (ja, ich habe genuegend Zeit, das auszurechnen) nichts gegessen.
Das kam so: Vorletztes Abednesen fiel leider aus, weil ich, als ich gegen 22 Uhr zurueck ins Hostel kam, total nette Leute getroffen habe - die allerdings nur Fluessignahrung anzubieten hatten. Als am naechsten Morgen so gegen halb 12 aufgewacht bin, war schon allerhoechste Eisenbahn, zum Bus zu kommen, also kein Fruehstueck. Konnte nur noch 2,250 Liter Soda Wasser, 1,5 Liter Fruchtsaft und eine Tuete Chips von den letzten Pesos kaufen.
Und ich frag im Hostel noch: "Do I need cash, when I´m on the bus?" - "No, no meals are provided." Pustekuchen. Um 19 Uhr wurde zwar das erste Mal eingekehrt, aber Essen gabs nur gegen Geld. Fuer 0,70 Pesos gabs leider gar nichts. Da daemmerte mir, dass wohl oben genanntes, mein einziges Proviant fuer die drei Tage Busfahrt sein koennten. Also habe ich hier ein Brot, das jemand vom Essen stehen gelassen hatte, mitgehen lassen und alle Zuckertueten, die ich finden konnte. Leider nur drei. Das also sollte der Proviant fuer die naechsten 60 Stunden sein.
Tja, und jetzt? Unverhofft kommt oft. Ich bekomme hier einen Keks mit Marmelade, zwei Fleischtortillas, ein Schnitzelweck mit Mayo und einen Orangensaft. Ich befuerchte zwar, dass das die Tagesration ist, bewahrt mich aber vor dem Hungertod.
Ein Blick aus dem Fenster: Mittlerweile haben wir die Anden erreicht, die sich direkt um uns erheben. Wahnsinnspanorama...

Stunde 24:
Ein Tag ist um. Sooooo lange kams mir jetzt gar nicht vor. Trotzdem schwer vorzustellen, dass noch zweimal so viel folgen soll. Der DVD-Spieler funktioniert wieder. van Damme besiegt gerade in seinem eigenen Film alles boese der Welt (Nordkorea im aktuellen Fall). Salzwueste draussen. Aber immer noch Argentinien. Wie viele Laender quert man minimal bei uns in 24 Stunden?


Stunde 27:
Das Nichts erreicht. Halbe Stunde am Grenzposten in Argentinien anstehen muessen, seit einer Stunde wieder im Bus und noch nicht mal ne Einreise nach Chile gehabt.
War ganz schoen kalt hier, wir sind wohl ziemlich hoch...
Die Grenze von Argentinien
Und die Grenze von Chile. Wie man sieht ist die Zeit mittlerweile schon ein wenig fortgeschritten. (Nightfall over Atacama Wueste. Ja, die Atacama-Wueste.)

Stunde 33:
Sozusagen wieder einen "Essenstop" gemacht. Aber ohne Moos nichts los. Werde ich wohl wieder mit einer Tuete Zucker ins Bett gehen. Ich hoffe, es kommt nur keine spanische Comedy-Show mehr.
Noch 3 Stunden bis Halbzeit. Offiziell, ich kann mir nich vorstellen, dass es nochmal so lange dauert, wir muessten schon fast in Peru sein.


Stunde 41:
Die Nacht ist langsam vorbei. Wir stehen seit 2 Stunden an der Grenze zu Peru. Nach argentinischer Zeit ist es halb 8, chilenisch glaub ich halb sieben und peruanisch halb sechs. Zum dritten Mal ein Visa ausgefuellt. Zumindest fahren wir gerade im Moment wieder los. Holpert hier ziemlich.



Stunde 45:
Endlich die Grenze hinter uns gelassen. An das ganze Visa-Prozedere kann ich mich einfach nicht gewoehnen. Vor allem, weil man als Deutscher nie Probleme hat. Da der Rest hier im Bus eh Peruaner sind, hatte die auch keine. Gott sei dank keine Leute aus Israel oder den Staaten an Bord (obwohl, die koennten wenigstens Englisch...)
Von der einzig Englischsprechenden im Bus habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht bekommen:
Gut: Wir werden wohl schon nach 64 Stunden ankommen.
Schlecht: Es gibt nichts mehr zu essen.



Stunde 52:
Es gab wieder einen Essenstop. Die einzige Englischsprechende ist hier in Tacna ausgestiegen - und hat ihre Suppe mit mir geteilt. Und mich ausserdem einem Peruaner vorgestellt. Mit dem hab ich dann "geredet". Irre anstrengend. Aber paar Brocken kann ich jetzt.
Und der erste Rausch ist auch schon vorbei. Ja, es gab erst mal Fiesta hier. Wir sassen etwa 5 Stunden in dem Restaurant. Trinken funktioniert in Peru so: Eine grosse Bierflasche (hier gibts Bier in Literflaschen!) und ein Glass kreist in der Gruppe. Jeder schenkt sich 2-3 Schluck ein, gibt erst die Flasche und dann das Glas weiter. Meine Theorie: So hat man die meiste Zeit die Haende frei zum reden.
Jedenfalls bin ich danach so wunderbar eingeschlafen - was aber leider ein kurzes Vergnuegen war. Es ist jetzt 6 Uhr Peruanischer Zeit. 18 Stunden noch. Eine Nacht. Der Bus haelt vor "Policia Nacional del Peru - Comisario Especial CNP Camarama". Nichts passiert.
Ich habe endlich den Fensterplatz, leider wirds grad dunkel.
Restliches Proviant: Halbe Chipstuete und eine Tuete Zucker...

Ende Teil I

4 comments:

Anonymous said...

neues Layout... ganz nett! gruß fuxx

Phil said...

Oh là là, schickes neues Layout! Wann folgt Teil II? :P

Anonymous said...

Oha...ich wär voll verhungert. Was meinst du eigentlich mit einer Tüte Zucker? Die kleinen, die man sich in den Kaffee schüttet?

Wann folgt Teil 2? Ich hab zwar schon einiges gehört, aber des liest sich einfach so spannend! Warum hält wohl der Bus vor der Polizei und wird die halbe Chipstüte reichen?

Viele Grüße

Dani und Sascha

PS: danke für die Karte(n)

schnoegel said...

Ja, mit Tuete Zucker ist eine Kaffeetuete Zucker gemeint. Die enthalten hier genau 6,25 Gramm, also ganz ordentlich...

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Und all die guten Leben

...passieren auch immer nur denen, die sie erzählen können und wir können dann nebenbei erwähnen, eingetaucht in Zweifel, und dann still: Am Ende steht immer die Null - und was wir dafür halten." (Kettcar - Nullsummenspiel)

So und nicht anders. Und statt neidisch auf die anderen Leben zu blicken, erzähle ich hier, was ich kann.

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